Der Paprika ändert sich

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01.07.2024

Die Genuszuteilung im Deutschen nach Maskulinum, Femininum oder Neutrum verläuft weitgehend willkürlich: Ob es der (Krug), die (Tasse) oder das (Glas) ist, kann weder aus den Eigenschaften der Dinge noch aus allgemeiner Regel abgeleitet werden, sondern wird als Regel gewordene Konvention im Zuge des Spracherwerbs erlernt. Muttersprachler verfügen deshalb über eine stabile Intuition, dass es nicht das oder der Banane ist, sondern die. Umso irritierender ist es, wenn Angaben in Wörterbüchern von dieser Intuition abweichen. Genau diesen Fall hat Alexander Rothenhäusler aus dem Deutsch-Leistungskurs für die „Paprika“ entdeckt, die in einzelnen Grammatiken als Maskulinum aufgeführt wird (wobei z.T. noch unterschieden wird zwischen der Frucht sowie der Pflanze bzw. dem Gewürz). Für die große Mehrheit der Kursteilnehmer ist die Frucht allerdings die Paprika, nicht der. Um die Genuszuteilung zur „Paprika“ für eine größere Personenzahl abzutesten, erstellte der Kurs unter Anleitung seines Lehrers Rüdiger Christ einen Fragebogen. Schüler des Gymnasiums von Klasse fünf bis dreizehn sowie einzelne Lehrer dienten als Probanden; sie sollten zehn Nomen ein grammatisches Geschlecht zuweisen. Um vom Kern des Interesses, der Paprika, „abzulenken“, fanden sich auf der Liste auch Begriffe wie „Nutella“ oder „Cola“, bei denen die Genuszuteilung individuell variiert: Ist es der oder die oder das Nutella? Anschließend wertete der Kurs die Fragebögen gemeinsam aus. Das Ergebnis stützte die Intuition stark: Für 94 % der über 300 Probanden ist es die Paprika. Mit diesem Ergebnis wandte sich der Kurs an den Verlag des Wörterbuchs. Gerade noch rechtzeitig vor dem mündlichen Abitur kam die erfreuliche Antwort: Für die betreffenden Wörterbücher wird die Angabe „feminin“ bei der Paprika ergänzt. Dass also in künftigen Auflagen die Paprika auch das Merkmal „feminin“ trägt, dafür ist Alexander Rothenhäusler und der Deutsch-Leistungskurs verantwortlich: Ein netter kleiner Erfolg für ein Nebenprojekt am Ende der Oberstufe, über den die Schüler (und der Lehrer) sich sehr gefreut haben.

[Text: Rüdiger Christ]